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  ILIAS
    Folge mir, wie ich der Rede Ziel in die Sinne dir lege

1. Über die Ilias.


(Historische, philologische, literaturhistorische und kulturanthropologische Voraussetzungen)

1.1 Daten, Fakten und kulturhistorische Analysen:

Die Ilias wurde im 8. Jhdt. v. Chr. gedichtet und spielt im 13. Jhdt. v. Chr. .
Das Werk umfaßt 24 Gesänge zu insgesamt 15.693 Versen.
Das Ereignis von dem sie berichtet ist der Trojanische Krieg.
"Aber Homer schildert nicht den Ablauf dieses Krieges; er setzt ihn beim Hörer vielmehr als bekannt voraus. (...) Homer schneidet ein Stück von nur wenigen Tagen heraus, um in dieser kurzen Spanne sein Thema zu entwickeln, den Zorn des Achilleus und seine unmittelbaren, verderblichen Folgen."(1)
Nach R. Hampe "wird allgemein angenommen, daß den homerischen Epen eine lange mündliche Epentradition vorausging. Sie enthalte unendlich viel formelhaftes Gut, das - in metrischer Einbindung in den Hexameter vor langer Zeit entstanden - sich durch Jahrhunderte entwickelt habe. Denn Ilias und Odyssee sind Großepen, die über weite Strecken der Dichtung viele Vorverweise, Aussparungen und Bezüge enthalten, die nicht zufällig entstanden, sondern wohlberechnet sind. Das legt den Gedanken nahe, daß mindestens die Konzeption schriftlich erfolgt ist."
Und Hampe konstatiert weiter: "Demnach scheint es möglich, daß die Homerischen Großepen schriftlich konzipiert wurden, wobei aber in der Ausführung die von der mündlichen Tradition geschaffenen Ausdrucksmittel bestimmend blieben."(2)
Homer, der sagenhafte Dichter, stammte aus einer der ionischen Kolonien an der anatolischen Küste, an der auch das historische Troja lag. Der Überlieferung nach war er blind. Über seine Person ist historisch rein gar nichts dokumentiert. Darüber wer, ja sogar wieviele er möglicherweise war, weiß man definitiv nichts, und es gab in diesem Zusammenhang bereits viele unterschiedliche Theorien.
Aus kunsthistorischer Sicht bemerkenswert scheint nicht zuletzt die Tatsache, daß es außerordentlich "schwierig ist, zwischen der homerischen Dichtung und dem gleichzeitigen Geometrismus eine stilgeschichtliche Beziehung herzustellen"(3). Erst sehr viel später ist eine Ähnlichkeit in der Darstellungsweise der bildenden Kunst zu bemerken. (Griechische Klassik, Hellenismus)
Über Zeit und Kultur, in der die Ilias entstand, haben sich die Wissenschafter, ausgehend vor allem von dem Text, ein sehr differenziertes Bild gemacht:
"Wenn unsere Analyse stimmt, entstehen sie [die homerischen Epen] in einer Übergangszeit, in der die griechische Welt sich verändert und die großräumige, ungebundene Lebensweise des rossezüchtenden Adels der engräumigeren, gemeinschaftlich gebundenen Lebensweise der Polis weicht."(4)
Diese Situation ist nach Jan Assmann bestimmend für die Ilias, und ist auch im Text nachvollziehbar:
"Die mykenische Vergangenheit wird also einerseits in den Farben derAlterität und heroischen Überhöhung als eine andere, von den "Sterblichen dieser Tage" weltenweit geschiedene Epoche geschildert, andererseits aber als erinnerte und bewohnte Geschichte zur Grundlage genealogisch aristokratischer Selbstdarstellung und Selbstdefinition gemacht. (...)
Es handelt sich um den typischen Fall einer Konstruktion von Kontinuität über den Bruch hinweg."(5)
In den Worten des Philologen Uvo Hölscher: "In all dem bekundet sich ein quasi-historisches Bewußtsein, das zugleich von dem Gefühl der Distanz und der Kontinuität bestimmt ist."(6)




(1) (R.Hampe, Nachwort zur Übersetzung, S.540, aus: Homer, Ilias: Neue Übersetzung, Nachwort und Register von Roland Hampe, Philipp Reclam jun. GmbH & Co.,Stuttgart, 1979)

(2) (ebenda, S. 532 u. S. 533)

(3) (A. Hauser, 1953, S. 66)

(4) (J. Assmann, 1992, S. 79)

(5) (ebenda, S. 274)

(6) (U. Hölscher, 1994, S. 14)

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