Resolution der Grünen OÖ, beschlossen vom ELV am 13.4.1999:
Bomben schaffen keinen Frieden
Nein zum NATO- Angriffskrieg
Sofortiger Stopp aller Kriegshandlungen und ethnischer Vertreibungen
Seit 24. März 1999 bombardieren Luftstreitkräfte der NATO Städte
in der Bundesrepublik Jugoslawien. Begründet wurde dieser Angriffskrieg
unter Bruch internationalen Rechts mit dem Ziel:
- eine politische Verhandlungslösung für die Probleme im Kosovo
zu erzwingen.
- die Zivilbevölkerung zu schützen.
Niemand kann mehr die Augen davor verschließen, daß beides nicht
erreicht wurde. Im Gegenteil:
Mit jeder Rakete und jeder Bombe droht der Konflikt weiter zu
eskalieren.
Die Grünen haben den NATO- Angriffskrieg gegen die Bundesrepublik
Jugoslawien von Anfang an verurteilt.
Ethnische Vertreibungen, Mord und Übergriffe gegen die Bevölkerung
durch das Regime Milosevic sind durch nichts zu rechtfertigen
und werden von den Grünen vehement abgelehnt.
DER MILITÄRISCHE ANGRIFF DER NATO AUF JUGOSLAWIEN IST:
1. ZUTIEFST KONTRAPRODUKTIV FÜR DIE BEENDIGUNG VON UNTERDRÜCKUNG
UND VERTREIBUNG IM KOSOVO UND FÜR JEGLICHE POLITISCHE KONFLIKTLÖSUNG.
Die Flüchtlingsströme schwellen stündlich an. Racheakte, Mord
und Vertreibung durch paramilitärische serbische Einheiten verschärfen
die Lage der Kosovaner.
Der jugoslawischen Regierung geben die Angriffe die Handhabe zu
Kriegsrecht und Notstandsregime. Die Opposition ist ausgeschaltet.
Selbst gemäßigte und kritische Kräfte unterstützen angesichts
der Luftangriffe Präsident Milosevic, der nun stärker ist als
je zuvor. Noch weiß niemand welche Folgen das verheerende Bombardement
für die Versorgungslage der Bevölkerung in Jugoslawien insgesamt
haben wird. Jede Stunde, in der dieser Krieg fortdauert, gefährdet
auf lange Dauer die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der
gesamten südosteuropäischen Region.
2. EIN VORSÄTZLICHER BRUCH DES VÖLKERRECHTS UND DES NATO-VERTRAGES.
Für diesen Krieg liegt kein Beschluß des UN-Sicherheitsrates vor.
Ein Angriffskrieg widerspricht dem Gründungsvertrag der NATO.
Weiters gibt es keine Kriegserklärung gegen die Bundesrepublik
Jugoslawien.
Die Legitimation von friedensschaffenden militärischen Einsätzen
ob liegt der UNO. In der Präambel ihrer Gründungsverträge hat
sich die Nato an die UNO-Charta gebunden. Die größte Anzahl von
Vetos im UN-Sicherheitsrat in den letzten Jahrzehnten gegen Sanktionsmaßnahmen
stammen von den USA. Dies hat nach allgemeiner Auffassung weder
im Palästinenserkonflikt den arabischen Ländern das Recht gegeben
aus eigenem gegen Israel militärisch vorzugehen, noch hat es etwa
die kriegerischen Aktionen Angolas gegen Südafrika legitimiert.
Darüber hinaus ging der Nato-Offensive in Jugoslawien keine Kriegserklärung
voraus. Einen schweren rechtlichen Konflikt stellt auch die Beteiligung
Deutschlands dar, dem das eigene Grundgesetz die Führung eines
Angriffkrieges verbietet.
Damit wird neuerlichen Bestrebungen zur militärischen Neuordnung
der Welt Tür und Tor geöffnet.
3. EIN GEWALTAKT OHNE POLITISCHE PERSPEKTIVE.
Das von der Nato vorgegebene Ziel, Jugoslawien zur Unterzeichnung
des Vertrages von Rambouillet zu zwingen, war rechtlich wie politisch
unsinnig. Ein solcher
Vertrag wäre null und nichtig. Es ist vielmehr zu fürchten, daß
nun auch eine Rückkehr Jugoslawiens zum Verhandlungstisch durch
die Angriffe illusorisch geworden ist.
4. EIN POLITISCHER MIßBRAUCH DES KOSOVO-KONFLIKTES.
Mit der Instrumentalisierung des Kosovo-Konfliktes streben bestimmte
Kräfte die Neukonstruktion der Nato als von der UNO abgelöste
globale Ordnungsmacht aus eigenem Recht verwirklicht werden. Da
es für eine solche neue Nato-Doktrin in Europa keine Mehrheiten
gibt, braucht es geradezu einen Konflikt, mit dem diese Neukonstruktion
unter dem Banner der Humanität durchgesetzt werden kann. Die neue
Doktrin ist offensiv statt defensiv. Mit ihr soll offenkundig
nich
t nur im konkreten Einzelfall die Unterwerfung der Nato unter
das Völkerrecht aufgekündigt werden. Damit werden die Eckpfeiler
eines Zivilisationsprozesses in Frage gestellt, der sich nach
zwei Weltkriegen die Zähmung der Gewalt zur
Aufgabe gemacht hat.
5. IM WIDERSPRUCH ZUM AUßENPOLITISCHEN INTERESSE EUROPAS GEGENÜBER
RUßLAND.
Mit dem Abbruch der Verhandlungen in Rambouillet, den Luftangriffen
und der Mißachtung der UNO-Charta wurde Rußland ein weiteres Mal
aus der europäischen Sicherheitspolitik hinausgedrängt. Anstatt
Rußland, das einzige Land mit realem Einfluß auf Jugoslawien,
mit der Verhandlungsführung in diesem Konflikt zu betrauen legte
die USA offenkundig größeren Wert darauf diesen "letzten"
Einfluß Rußlands in Europa zu demontieren. Die Partnerschaft für
den Frieden, inzwischen von Rußland aufgekündigt, erweist sich
als das, was sie offenkundig von Anfang an war: eine Beruhigungs-
und Ablenkungsstrategie zur Vorbereitung der eigentlichen Transformation
der Nato zu einer offensiven und globalen amerikanisch/europäischen
Ordnungsmacht.
6. EIN WIEDERAUFLEBEN DER GLOBALEN GROßMACHTSKONFLIKTE USA/EUROPA
GEGENÜBER RUßLAND/CHINA.
Die Folgen des Vorgehens der Nato in Jugoslawien und das langjährige
Versagen der europäischen Außenpolitik in diesem Raum für die
internationale Sicherheit sind unabsehbar. Schon jetzt ist jedoch
zu erkennen, daß durch diese
massive Kriegshandlungen die Konfrontation USA/Europa und Rußland/China
in das einundzwanzigste Jahrhundert verlängert und verschärft
wird. Die historische Bewußtlosigkeit, mit der dieses Vorgehen
ausgerechnet auf einer der ältesten
und gefährlichsten sicherheitspolitischen Erdbebenlinien Europas
exekutiert wird, muß zu einer klaren Verurteilung dieses Krieges
führen.
7. EIN GESCHÄFT FÜR DIE RÜSTUNGSINDUSTRIE.
Jeder Tag dieses Krieges verschlingt mindestens 3 Mrd öS. Bei
Fortdauern der Angriffe werden Schätzungen von 120 bis 190 Mrd.
ÖS angegeben. Dabei sind die angerichteten Schäden nicht berücksichtigt.
Ein gewaltiges Geschäft für die Rüstungsindustrie. Mittel, die
für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung fehlen.
Dieser Krieg zerstört die Hoffnungen auf eine Verrechtlichung
und Zivilisierung der internationalen Beziehungen. Jegliche innere
Opposition gegen den neuen militärischen Interventionismus soll
isoliert und diskreditiert werden.
Die oberösterreichischen Grünen fordern deshalb:
Die sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen und die Rückkehr
an den Verhandlungstisch!
Von der Bundesrepublik Jugoslawien fordern wir:
- Alle Maßnahmen zu ergreifen, um Menschenrechtsverletzungen und
Verfolgungen zu unterbinden, Flucht und Vertreibung im Kosovo
zu stoppen und die Rückkehr der Flüchtlinge zu ermöglichen. Ermöglichen
Sie einen Korridor für Hilfszüge in den Kosovo. Ermöglichen Sie
die Entsendung internationaler Beobachter und von UNO-Schutztruppen
als ersten Schritt.
Von den NATO-Staaten fordern wir:
- Die sofortige Beendigung des völkerrechtswidrigen Krieges gegen
die Bundesrepublik Jugoslawien, als ersten Schritt die Ausfrufung
eines zum indest einwöchigen Waffenstillstandes.
Von der Bundesregierung fordern wir:
- Sofortige Zurücknahme der vorbehaltlosen Zustimmung zu diesem
Krieg im EU-Rat. Stattdessen müssen umgehend gemeinsam mit anderen
neutralen Staaten und unter Einbindung Rußlands und der UNO alle
denkbaren Möglichkeiten zur friedlichen Streitbeilegung ausgeschöpft
werden. Nutzen Sie die Möglichkeiten einer aktiven friedenssichernden
Neutralitätspolitik.
Von unseren grünen Freundinnen und Freunden in Regierungsverantwortung
in den NATO- Ländern fordern wir:
- Keine Unterstützung der Kriegsbeteiligung zu setzen und alle Maßnahmen
zu ergreifen, damit die NATO- Aggression beendet wird.
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