KONZEPT EINER RE-PRÄSENTATION::
Der gesamte Text der Ilias stellt einen "Bildteppich" dar: im
Rapport der Buchstaben ist ein Rapport der Bilder verwoben.
Der Text selbst ist Oberfläche, das hauchzarte, staubgraue
(Buchstaben-) Sediment einer verkörperten Handlung, der Interaktion
zwischen Dichter/Darsteller und Zuhörerlnnen.
Der Text ist - bis heute - ein Erinnerungszeichen (lat.: Monument).
Als solches ist er (immer noch) präsent, auch wenn er nicht mehr gelesen
wird.
Die antiken Pathosformeln, deren Vorbilder in diesem Text
beschrieben sind, wurden von den Künstlem der Frührenaissance zuerst
in Grisaillemalerei wiedergegeben. Aby Warburg sah in der Wahl dieser Technik
den Versuch einer Annäherung aus der Distanz, um sich von der emotionalen
Wirkung nicht überwältigen zu lassen. Diese Distanz fand in den
Grauwerten, im Verzicht auf (dramatisierende) Farbe, einen adäquaten
Ausdruck.
Die gesamte Ilias wird als Schriftfläche auf einer großen Tafel
präsentiert. Die gewählte Schriftgröße stimmt mit jener überein,
in der sie in den Büchem des Reclam-Verlages wiedergegeben ist. (Der
Reclam-Verlag ist ein "populäres Medium" für derlei
Dokumente, in dem sie für die Bildungsbeflissenheit aufbewahrt und zugänglich
gehalten werden.)
Die verhältnismäßig monumentale Tafel läßt den
Text aus normaler Entfernung (aus der die Tafel noch als ganzes sichtbar ist),
als Grauwert erscheinen, ohne ihn jedoch (aus der Nähe) gänzlich
unlesbar zumachen. Im Unterschied sowohl zur Rezitation, als auch zum Buch,
wird er hier in seinem ganzen Umfang von rund 15.700 Versen gleichzeitig zu
sehen sein. Damit ist die (theoretische) Möglichkeit eröffnet,
vor Ort ein Lesen unabhängig von einem vorgegebenen linearen Ablauf zu
praktizieren.
Ergänzt wird diese Tafel durch Einzeltafeln, die (provisorisch) im Raum
installiert werden, das heißt räumliche Positionen in Distanz zu dem
Gesamttext einnehmen.
Auf den Tafeln sind objekthaft einzelne "Schrift/Sprachzeichen"
(Bedeutungskomplexe) aus zusammen-gelesenen Versfragmenten präsentiert.
Die Abbildung - oder "Zeichnung" - der Fragmente erfolgt paarweise
und komplementär: die zwei "Hälften" des Textbildes
schmiegen sich einander an. Zum einen wird dadurch die (lineare) Technik des
Schreibens mit dem Teppichweben bzw. -knüpfen verbunden, das Bildmotive in
gespiegelter Form zu Mustern verarbeitet.
Zum anderen wird die Übertragung von Bildern und Bedeutungen im
mimetischen "Sich-An-Ähneln" von zwei Elementen dargestellt.
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