DRAGACEVSKI SABOR TRUBACA 2005
BALKAN BRASS FESTIVAL 2005

In Guca Nahe Cacak südlich von Beograd findet seit Jahren das Festival Sabor Trubaca statt. Trompeten Festival. Tatsächlich handelt es sich neuerdings um einen riesigen Jahrmarkt. Im Zentrum der Kleinstadt reiht sich bereits ein Lokal an das andere. Der Platz um die kleine Kirche ist dicht mit Festzelten verbaut, die als Restaurants dienen. Unweit davon wurde eine ebene Fläche geschaffen, auf der weitere Gastrounternehmen abenteuerliche SchankBuden und einstöckige Gerüstbauten errichten. Jede dieser Architekturen ist mit einem sound system aufgerüstet und von morgens bis spät in die Nacht wummert, dröhnt und klirrt es in die Umgebung ab. Zusätzlich ist eine einst knatternde zentrale Anlage mit strategisch an Lichtmasten montierten Lautsprechern modernisiert worden und beschallt das Städtchen mit serbischer Blasmusik und Roma Brass. Jede Gehsteigkante ist im Meterabstand eingemessen. Die Miete für die Standbetreiber ist enorm, erfahre ich vom Marktamtskontrollor, einem jungen Menschen, der im Vorjahr noch im Pressebüro gearbeitet hat. Die Gastrounternehmer und Standbetreiber sind offenbar unter Druck, Umsätze zu machen. Der Schalldruck, den ihre Anlage in die Umgebung überträgt, soll die Kunden wohl ansaugen. Durch die Strassen wandern auch Verkäufer, die ihre Waren in der Hand halten. Bohrmaschinen, Messersets, Handlampen, Kunststofftrompeten, Leuchtanhänger. Dreitausend Trillerpfeifen sind verkauft. Gekauft möglicherweise gerne von denjenigen, die sich Bier in 2 Liter KunststoffFlaschen in Läden besorgen und damit herumspazieren, abwechselnd das eine oder das andere zum Mund führen. Warum gehen diese Pfeifen nicht auf eine Kundgebung gegen die Regierung.
In dieser Schallarchitektur bewegen sich nun auch serbische und vor allem Roma BrassKapellen, auf der Suche nach einer spendierfreudigen Gesellschaft an einem Tisch in einem RestaurantZelt, in einem Café oder sonstirgendwo. Ist diese gefunden wird sie von etwa zehn Mann umstellt und eine gewaltige Schallkaskade stürzt auf die Gesellschaft und steigert sich ins Inferno, wenn Banknoten in der richtigen Grösse in Trompetentrichter gestopft oder in die Schweissperlen einer Stirn gedrückt werden. Ist das nicht der Fall, zerbröselt der sound bald und die Kapelle geht ab.
Im ganzen Land und an den Restauranttischen in Guca ist der Security Macho Typus weit verbreitet. Grosse schwere Männer, viel Muskelfleisch, kurze Haare. Der Einfluss von Alkohol und die Roma Brass Musik lösen in diesem Typus eine sentimentale Stimmung aus, im Laufe derer sie aufstehen, die Arme in die Höhe strecken, den Kopf etwas senken und mit spärlichen Bewegungen dieses Gefühl auskosten, eventuell sich gegenseitig umarmen oder einem kleinen Roma Trompeter schon mal mit der Hand übers Haar streichen. Natürlich spielen die Kapellen auch um Tische mit anderem Publikum, Familien etwa und gemischten Gruppen, ausländischen Gästen.